Liebes Archiv...Einträge vom August 2005

Stumpi auf der Düne.

Da sitzt er, ganz allein auf der Düne, wie es im Drehbuch steht. Es ist der Stumpi - bürgerlich Wolfgang Stumph, bekannt aus Funk und Fernsehen, weiß man ja. Ganz allein heißt, er ist der zweite von rechts, neben der Aufnahmeleiterin, das markante Gesicht, sieht man ja. Später im Film wird es aussehen, als wäre er allein. Deshalb müssen alle ganz leise sein, wenn gedreht wird. Er sitzt auf der Düne heißt: auf Europas höchster Wanderdüne auf der Kurischen Nehrung, circa 80km nördlich von Kaliningrad. 'Reise nach Königsberg', so der Arbeitstitel, soll im nächsten April im ZDF zu sehen sein.

[]Kaliningrad / Mittwoch, 31. August 2005

Die Kunst des Äh.

Richtig eingesetzt, kann ein deutlich artikuliertes Äh, Hmm? oder Hä?, zusammen mit einem ratlosen Stirnrunzeln und gleichzeitigem Lippenaufschürzen, wahlweise zusätzlichem bedauerndem Schulterzucken, gefolgt von einem verzweifelten Seufzen inklusive Hundeblick gepaart mit zartem Erröten die Völkerverständigung erheblich unterstützen.
Die Gefahr, für völlig bescheuert gehalten zu werden, ist dabei allerdings immanent. Hat man sich unvorsichtigerweise die Blöße gegeben, etwas Selbstverständliches nicht zu beherrschen, können verschiedene Sachen passieren.
A) Das Gegenüber versucht dem/der scheinbar Harthörigen mit ein paar Dezibel mehr beizukommen, wiederholt das unverständliche Gefasel also mit sich steigernder Lautstärke, wartet zwischendurch kurz auf das Leuchten in des/der anderen Gesicht, wird dann etwas unwirsch und gibt genervt auf.
B) Man findet zurück zur Babysprache. Das bedeutsame Wort wird ganz langsam und beschwörend wiederholt, was nur in Ausnahmen zum Erfolg führt. (Babies können übrigens - wie Wissenschaftler unlängst herausgefunden haben sollen - aus einem Satz einzelne Wörter erkennen, sind also weniger dämlich als manche Oma denkt.)
C) Beide Parteien arrangieren sich mittels Handzeichen, aufgeschriebenen Zahlen, Zeichnungen, Geld oder anderen Hilfsmitteln, die dem Verständnis zuträglich sind. In einfachen Fällen durchaus zielführend.
D) Die Situation läßt verschüttete Fremdsprachenkenntnisse an die Oberfläche treten, mittels derer man sich dem/der Auswärtigen endlich verständlich machen kann. Im Extremfall wird eine sprachgewandte Zufallsbekanntschaft als Dolmetscher mißbraucht.
E) Ein Sämling keimt auf, stetige Versuche, das Vokabular des/der Ungebildeten zu erweitern, tragen Früchte, Kommunikation in der Landessprache wächst über das einzelne Wort hinaus. Ein unwahrscheinlicher Idealfall, soll aber schon vorgekommen sein.
Abhängig vom Ergebnis der Bemühungen vertieft sich die Vökerfreundschaft oder - im anderen Extremfall - verhindert eine selbstgewählte Abschottung ein Eindringen in die Gesellschaft bis zum Wiederausstoß des Fremdkörpers.

[]Kaliningrad / Montach, 29. August 2005

Das Bernsteinmuseum im Dohna-Turm.

Nee, von außen guck ich mir die ganzen alten Trutzburgen sehr gern an, hab' ja von dem verkommenen Festungsring schon einiges abgewandert. Aber - abgesehen vom Dom - hab' ich noch kein Museum betreten. So entging mir bisher also auch das Bernsteinmuseum im alten Dohna-Turm am Oberteich, vor welchem "...Bernsteinhändler mit überteuerten Touristenangeboten..." (der Reiseführer) ihre Buden aufgestellt haben. Und da ich ja keine Staubfänger mehr mitschleppe...

[]Kaliningrad / Sonntach, 28. August 2005

Treue Gefährten: 1. Unionbay® - Ein Hemd reist um die Welt.

In loser Folge stelle ich unter dieser Rubrik ein paar der braven Begleiter vor, die mir auf meinen Reisen zur Seite stehen, dabei nie murren noch jammern, nicht mucken noch maulen, nicht schmollen noch bocken...



Schön ist es nie gewesen, zugegeben, aber für einen Kerl ist Zweckmäßkeit oft wichtiger und die hat es bewiesen. Es ist strapazierfähig, luftig-weit aber nicht zu dünn, drei Eigenschaften, die es in den Olymp der ständigen Reisebegleiter gehoben haben.
Seine Herkunft ist vergessen, aber es begleitete mich viele Jahre. Fotos bezeugen zumindest bis zurück ins Jahr 2001, auf welchen Erdteilen es schon durchgeschwitzt und mit welchen Wassern es gewaschen wurde. Zuhause wage ich es nicht in der Öffentlichkeit zu tragen, aber dort wo mich niemand kennt, kann man das schon machen. Merkt ja keiner.
Plötzlich, in der Wüste, begann es zu altern, die Fasern scheinen ihre Widerstandsfähigkeit gegen koreanische Waschmaschinen jetzt nicht mehr aufrechterhalten zu können. An den Schulterteilen (Ellenbogen hat es ja nicht), die immer im Wind stehen, ist es nun ausgeblichen und durchscheinend. Löcher machen sich breit, das Hemd hat aufgegeben. Aber eine Rente gibt es nicht, diese Welt ist erbarmungslos. Ich muß mich nach einem würdigen Ersatz umsehen.

[]Kaliningrad / Donnerstach, 25. August 2005

Aua.

Langsam verblaßt die Erinnerung an den durchlittenen Sonntag. Wie das Morgengrauen den ganzen Tag durch meinen Körper mäanderte. Liegenbleiben war, wie immer, nur ein Herauszögern des Leidens, ich müßte es doch inzwischen wissen. Sekt auf Bier das rat ich dir. Das Bad in der kühlen Ostsee brachte etwas Linderung. Das Training hört eben nie auf.

[]Kaliningrad / Dienstach, 23. August 2005

Der Königsberger Dom.

Nichts außer den Bäumen versperrt die Sicht auf die Pilgerstätte deutscher Reisebusse. Allein steht der Dom auf der Kneiphof-Insel, die - einst voller Wohn- und Geschäftshäuser - nach dem Krieg ordentlich planiert wurde. Auch der Dom war jahrzehntelang in Ruinen, ein 'hohler Zahn', den Breschnew ziehen wollte, doch das Thema ging offenbar unter. Mit deutscher Hilfe war 1998 der Wiederaufbau endlich abgeschlossen, nun kann man die steilen Treppen erklimmen und eine karge Ausstellung besuchen, während handgespielte Orgelmusik das Schnaufen übertönt.

[]Kaliningrad / Samstach, 20. August 2005

Kenig zu Fuß.

Herrlichstes Wetter und ein freier Samstag! Das schreit nach Stadtrundgang durch meine, von Eingeweihten angeblich Kenig genannte, neue Heimat auf Zeit.
Ich beginne die Runde am Hotel Moskau (wir haben uns darauf geeinigt, daß ich wochenweise nachträglich zahle) und laufe auf dem ehemaligen Deutschordensring in Richtung Süden. Alles ist grün, die ganze Stadt ein Park, was dem Straßenverkehr etwas von seiner erstickenden Aufdringlichkeit nimmt.
Auf der stark befahrenen Zugbrücke, die hauptsächlich durch die graue Farbe zusammengehalten und zum Glück nicht mehr gezogen wird, überquere ich den Pregel. Rechts liegt der Hafen, geradeaus das Nichts, also wende ich mich nach links und gehe am Pregel entlang.
Auf dem Gelände eines Autohofes springen mir ein paar Türme mitten ins Auge rein (aua). Unbeachtet liegt da - leicht angestoßen - deutsches Erbe im Dornröschenschlaf, das Friedrichsburgtor.
Viele Stadttore, die sich nachkrieglicher Zerstörungswut und darauffolgender jahrzehntelanger Ignoranz dank ihrer sprichwörtlichen deutschen Bauqualität widersetzen konnten, sind zugemauert und fristen ein trauriges Schattendasein an den Straßenkreuzungen. Die Ausfallstraßen wurden um sie herum gebaut, nun warten die einstigen Stadtwächter auf den Geldsegen, der sie für die ergrauten deutschen Touristen neu erstrahlen läßt.
Ich unterquere die Brücke über den Kneiphof, lasse die eingerüstete alte Börse links liegen und gehe südwärts den Leninski Prospekt entlang. Am Hauptbahnhof endlich wieder ein Park, mit dem Friedländer Tor an seinem östlichen Ende, welches als Museum dient. Doch nach Bildung ist mir nicht, nur nicht stehenbleiben. Ich will jetzt einfach nicht wissen, ob der kleine Stein im Schuh schon 'ne Blase gebastelt hat.
Von Süden schleiche ich mich nun wieder an den Kneiphof. So heißt die Insel im Pregel, auf der - mutterseelenallein - der Königsberger Dom thront. Als Krönungsstätte deutscher Könige, Mausoleum preußischer Adels- und Kirchenvertreter, Ruhestätte Immanuel Kants (der diese Stadt angeblich nie verlassen hat) und letztes Zeugnis des norddeutschen gotischen Baustils ist der Dom die Wiege des deutschen Gedankens, Preußens, ausgehend von hier wurden Charlottenburg und Brandenburg gegründet... wie der alte Mann in dem kleinen Altarrraum bereitwillig herunterrasselt. Auch Hochzeitspaare zieht das alte Teil offenbar magisch an, man läßt sich hier ausgiebig fotografieren.
Ich kann immernoch nicht stehenbleiben. So verlasse ich den Kneiphof und will mir die Außenexponate des Weltmeermuseums ansehen. Zwei Schiffe, ein U-Boot, Kleinzeug noch, ich schieße ein paar Fotos und habe genug.
Der kleine Hunger kommt, ehrlich gesagt, schlägt der Magen mir in die Kniekehlen, was mich aber von dem Stein im Schuh ablenkt. Gegenüber meines Hotels, vor dem Zoo, steht das 'Café Soljanka', wo ich auf der luftigen Dachterasse eine Soljanka (aha) und ein Stück Huhn verputze, das Ganze mit viel Bier runterspüle. Die Kapelle spielt gut. Jetzt bin ich wieder fit und überlege wohin ich als nächstes wandern soll.

[]Kaliningrad / Samstach, 20. August 2005

Schlechte Zahlungsmoral.

Verständnislos starren die Damen an der Rezeption des Hotel Moskau, wie kann jemand so störrisch sein und sein Zimmer nicht im Voraus zahlen wollen?! Sieht man mir meine hervorragende Zahlungsmoral etwa nicht an? Gestern abend konnte ich mich noch hinter den fehlenden Sprachkenntnissen verstecken, wielange noch? Die Erinnerungen der auswendig gelernten und nur im Labor geprüften ersten Fremdsprache steigen wie Methangasbläschen vom Meeresboden an die Wasseroberfläche meines Bewußtseins und ploppen wortweise hervor. Doch uns sind Dolmetscher beigestellt, im technischen Geplänkel unabdingbar.
Und jetzt, mit enormer Zeitverzögerung, fuhrwerken solche Sprachfetzen dazwischen, daß man mich für einen Spanier halten könnte...

[]Kaliningrad / Freitach, 19. August 2005

Die neue Kathedrale.

Alles sollte sie überragen, besonders den alten deutschen Dom. Und doch ist alles nur Fassade: das nette Weiß des Gotteshauses ist - wie das braune Backwerk eines Lebkuchenhauses - mit Zuckerguß angeklebt.
Abends schallt klassische Musik über den Platz des Sieges und die farbig leuchtenden Springbrunnen tanzen im Takt, während das Volk den lauen Sommerabend genießt.
An zwei Seiten bedrängt der stinkende Verkehr den Platz, Straßenbahnen und Busse rumpeln vorbei auf dem holprigen Pisten, doch niemanden scheint es zu stören.

[]Kaliningrad / Donnerstach, 18. August 2005

Puzzle.

Alle Teile waren noch nicht zusammen, da wartete schon der Flieger auf dem Rollfeld. Als die Turbinen gestartet wurden, war die Arbeit zum Teufel. Wiedermal. Das Puzzle zerstob in seine - ja wieviele? - Einzelteile, bevor es fertiggestellt war.
Der Koffer war nichtmal ausgepackt, und unter die noch darin verbliebenen Klamotten hatten sich die womöglich letzten Puzzleteile gemischt, die schwierigsten, die erst tausendmal gewendet und gedreht werden müssen und erst gaaanz spät ihren richtigen Platz finden. Und nun, da der Koffer ungeöffnet im viel zu kleinen Hotelzimmer steht, sind die kleinen Biester dematerialisiert und materialisieren sich erst zuhause wieder.

[]Kaliningrad / Donnerstach, 18. August 2005

Reise ohne Angst.

Na also, nun bin ich schon auf halbem Weg nach Kaliningrad und die Angst, man könnte mir irgendwas wegnehmen, das ich unerlaubt mitschleppe, reist nicht mit.
Es lohnt sich aber, daß ich mich mal vor einer Abreise mit jedem Artikel auseinandersetze: mußt du Socke wirklich mit?? Es kamen nämlich 30kg zusammen, schlauerweise auf 2 Gepäckstücke verteilt, trotzdem waren 108€ zu berappen...
Der kleine Chopin-Flughafen hier nennt ein paar heiße Punkte sein eigen, daher konnte ich nicht umhin, einen nutzlosen Tagebucheintrag zu machen. Nicht mehr zurückzunehmen!

[]Warszawa / Mittwoch, 17. August 2005

Nicht einschüchtern lassen!

Meine ewigen Tiraden gegen die überhebliche letzte Supermacht bekommen regelmäßig neue Nahrung. Da enthielt der Artikel der VDI-Nachrichten vom 12. August unter der Überschrift "Sorgenkind Global Player" neben unzähligen Anglizismen ein paar belastende Informationen, in der Essenz verlangen (und bekommen!!) US-amerikanische Manager etwa dreimal mehr als ihre europäischen Pendants und brechen dreimal öfter ihren Einsatz in Europa ab als expedierte Deutsche dort. Regionallegisten! Angeber!
Und heute in der ...ehm... B.Z. (Seite 16): "Tara Reid zu weich für Berlin!". Die 29jährige US-Schauspielerin ('American Pie') flieht entsetzt aus dem KitKatClub, wo sie für ihr "Wild on Tara" drehen wollte! Warum denn? Angst, die Kontrolle zu verlieren?
Und die milliardenschwere Raumfähre, für die der Fliesenleger ins All kommen muß! Da paßt König Georg ja gut rein mit seinem präsidentialen Urlaubsrekord.
Und uns wollen die die Welt erklären! Da sollten wir uns wirklich nicht einschüchtern lassen, ist ja lachhaft! Sowas können wir doch auch selber!?!
Wahrscheinlich sehe ich das alles völlig falsch. Ist bestimmt ganz anders. Ich war ja noch nie da drüben, konnte die Spezies noch nicht in ihrer angestammten Umgebung beobachten. Dann würde ich sicher verstehen.
Oder was sagst du Brandmaus (Apodemus Agrarius) dazu, die du unter meinen Füßen nach Krümeln suchst? Ruf mal die nervigen Spatzen zur Ordnung, die mir ständig auf den Teller springen wollen! Ich sitze hier am Rande des Tiergartens im Schleusenkrug, wo die Notizen mir leicht aus der Feder laufen, denn gestärkt mit leckeren Linguine mit Artischocken und einem - unspanischen - Cortado läßt es sich hier aushalten. Das Zeug ist sein Geld wert! Langsam verdrängen die dunklen Wolken die Sonne und die Einsicht treibt mich nach Hause: Ich muß packen.
[...merke: hier kannste was lernen.]

[]Berlin / Montach, 15. August 2005

Da tut sich wat.

Nun ist es ja schon fast normal, daß am Lehrter ("Haupt"-)Bahnhof die Stahlskelette tanzen, sich langsam über den gläsernen Bahnhof beugen, um sich irgendwann endlich die kalten Finger zu reichen. Zum zweiten Mal passierte das am just vergangenen Wochenende, Spanner hatten sich aber mit Anbruch der Freitagnacht mit Nieselregen abzufinden. Da hätte die Bahn ruhig besser planen können! Dafür gab es die Chance, von Tiergarten bis Friedrichstraße und umgekehrt den Ersatzbus kostenlos zu nutzen. Wie nobel, wenn auch sicher nicht geplant. Am Sonntagnachmittag war der Spuk wieder vorbei.

[]Berlin / Sonntach, 14. August 2005

1/2 Hähnchen 4,50€.

Nun haben wir uns ja langsam daran gewöhnt, daß die DM-Preise 1:1 in Teuro umgerechnet wurden, doch das Umrechnen in die alte Währung kann einen immer wieder erschrecken. Bei beschissenem Wetter im Biergarten am Zollpackhof für einen kalten halben Broiler ohne alles 9DM abzudrücken, hat mir ja das Hefeweizen verhagelt. Was soll das werden?? Den Gastronomen geht's wohl so dreckig, daß sie die Preise bei sinkender Qualität erhöhen, damit verärgern sie die Gäste, die aus Gnatz nicht kommen oder es sich zumindest dreimal überlegen. Selbst wenn ich das Geld habe - ich will doch nicht beschissen werden!

[]Berlin / Sonntach, 14. August 2005

Zwetschgenbeggeli.

Man sollte doch öfter Gäste haben. Sie erzählen von ihren exotischen Ländern und Gebräuchen (z.B. wie man ohne Eszet lebt) und bringen Zwetschgenbeggeli mit, Sachen die niemand je zuvor gesehen hat (und die mein Zahnarzt nicht sehen darf), sehr nett. Und sie bringen die Sonne mit, nähren die Hoffnung, daß der Sommer noch nicht verloren ist. Zudem begibt man sich dann wiedermal an Ecken der Stadt, die man zu kennen glaubt, obwohl man sie jahrzehntelang nicht gesehen hat.
Wir haben also auf der Wanderung durch die Berliner Mitte den Palast der Republik besucht, wo vor drei Monaten noch der ZWEIFEL herrschte, nun aber bis zum 26. August Der Berg gegeben wird. Der künstlerische Teil des Programms erschließt sich mir Normalgebildeten und phantasielosen Ignoranten nicht, aber auf dem Rundweg (Eintritt 6€) kann man das entkernte Wrack zum vielleicht letzten Mal vor dem Abriß sehen, bevor dann endlich das alte Stadtschloß mitsamt wilhelminischem Königreich wiederaufersteht. Endlich! Dann geht alles besser! Und Klon Dolly hat nicht umsonst gelebt!
Nun ist der Kurzbesuch schon vorbei, aber die Sonne einfach mitzunehmen ist selbstverständlich nicht in Ordnung! So kann ich mir nicht im Biergarten die Sonne auf den Pelz brennen lassen, sondern muß mitansehen, wie es draußen beginnt zu tröpfeln. Aber am Mittwoch kommt der Sommer wieder!
Gruß in die Schwyz, wo der Berg erfunden wurde!

[]Berlin / Samstach, 13. August 2005

Ignorant.

Vorgestern nacht sind, nur wenige hundert Meter von hier, acht Menschen (davon 5 Kinder) bei einem Hausbrand umgekommen. Daß sie unbeschadet überlebt hätten, wären sie wie die anderen in der Wohnung geblieben, soll hier nicht das Thema sein, sondern dies:
Bin ich ein 'schlechter Mensch', weil es mich nicht berührt? Weil ich nicht schockiert noch entsetzt bin? Und gestern abend, nach dem Kino (L.A.Crash - ein Zusammenhang?) als ich Zeuge wurde, wie die Tatütata-Zivilstreife über die Kreuzung heizte und vor meine Augen seitlich gerammt wurde... ist das alles nicht mehr interessant genug? Informationsüberlauf? Stumpfe ich ab? Warum fühle ich mich nicht schlecht dabei?

[]Berlin / Mittwoch, 10. August 2005

Zahn der Zeit III: Einer trage des anderen Last.

Als ich heute endlich meinen bösen Zahn in Behandlung gab, schlug der Zahnarzt nach dem Blick auf das gute saudische Röntgenbild gleich eine Betäubung vor, doch das beschissene Gefühl blieb. Die Illusion eines vollständigen und intakten Gebisses baut sich unverständlicherweise nach einem Besuch beim Zahnklempner immer wieder auf und fällt bei der nächsten Diagnose in sich zusammen.
Mal abgesehen von den Verheerungen selbst, warum ist noch kein Konzept entwickelt, den Körper beim Zahnarzt abzugeben und solange im Café nebenan einen grünen Tee trinken zu gehen? Warum muß man in so einer hochentwickelten Gesellschaft noch selber leiden? Wofür bezahle ich die 0,45% mehr an die Krankenversicherung? Kann da nicht eine ABM-Stelle geschaffen werden für jemanden, der sich für mich in den Sessel setzt?
Ich wurde im Nachdenken unterbrochen. Der Dentist konnte nun räubern ohne meine epileptischen Zuckungen zu fürchten. Und am Ende der Sitzung mahnt ein neuer verlassener dentaler Wachturm, nur die Zinnen sind noch mein und zeugen von der einstigen Macht, die Plastik-Piraten haben geentert und räubern weiter.

[]Berlin / Dienstach, 09. August 2005

Endlich im Stau.

Höre ich von Autobahnbaustellen und meterlangen Staus kann ich als Gelegenheitsfahrer nur mit den Schultern zucken - selbst schuld.
Aber das süchtigmachende Gefühl, gemeinsam mit hunderten anderen Geweihten auf historischem Grund, auf der Mutter der Schnellstraße und einem Inbegriff deutscher Ingenieurskunst zu stehen, gleichzeitig als Übungsparcours zum Reißverschlußeinfädeln vor Baustellen dienend, Seit an Seit, kein Vor - kein Zurück, konnte ich auf der Heimfahrt vom Ostseekurzurlaub anschmecken: den zähfließenden Verkehr, kleiner Bruder des vielgelobten MEGA-Staus am letzten Ferienwochenende.

[]A11 / Samstach, 06. August 2005

Gelbes Labyrinth.

Fährt man über Anklam auf die Insel Usedom, kann man derzeit gleich hinter Mellenthin einen besonders beeindruckenden Irrgarten besuchen, der in ein unendliches Feld von Sonnenblumen geschnitten ist. Nach ein paar Tagen am Meer ist es vielleicht auch einfacher, mit wechselhaftem Wetter umzugehen. Ein Regenschauer verliert seinen Schauer, wenn nur im richtigen Moment die Sonne hervortritt und nette Fotos ermöglicht. Man sollte aber darauf achten, dass die Akkus vom Fotoapparat dem tausendfachen Auslösen standhalten…

[]Mellenthin / Samstach, 06. August 2005

Wo sind sie geblieben?

Sommer, Ostsee, Usedom, Seebad XY, Strand.
Da liegen sie, wie angeschwemmte Wale die einen und kleine Robben die anderen, dicht gedrängt, alt und welk neben frisch geschlüpft, alle nackt, braun und rot, Opa und Enkelin. Da fehlt doch wer?! Wo ist die Generation dazwischen? Wo sind die Mamas und Papas? Arbeitsplatz sichern? Endlich allein zuhaus? Vielleicht. Wo sind die, die sich (noch) keine Kinder leisten können? Auf Mallorca? Zu spät erst wird das Klare klar: auf dem Zeltplatz sind sie, Tütensuppen löffeln und frisch geleerte Bierkisten stapeln.

[]Kölpinsee / Freitach, 05. August 2005

Vergeltungswaffe, Prüfstand VII.

Flughafen - Betreten verboten - Eltern haften für ihre Kinder steht da neben dem Feldweg, leicht zu ignorieren, nachdem wir per Fahrrad das schlecht gesicherte Ex-Militärgelände und jetzige Sperr- und Naturschutzgebiet Peenemünde schon bis hierher durchquert hatten. Links der Wald und rechts Kuhweide bis zum Schilfgürtel, dahinter das Meer. Da rechts im Gras, etwas verrostetes, zerborstenes, raketenförmiges, kann das sein? Etwas weiter ist dann doch Schluß, ein richtiger Zaun um den Flugplatz. Auf dem betonierten Gelände davor Überreste, Schienen, Gebäude, aufgeplatzte rostige Zylinder. Im Norden Ruden, diese kommaförmige Insel mit ihrem Leuchtturm - wir müssen an Usedoms Nordspitze sein!
Dann kommt ein vollbesetzter alter blauer Bus und als der Fahrer uns erblickt, rotzt er, ob wir wüßten, daß wir uns auf militärischem Sperrgebiet befänden und droht mit dem BGS. Das beeindruckt uns leidlich und wir machen uns vorsichtigerweise auf den Rückweg, nicht ohne noch paar Fotos des rätselhaften Areals zu schießen. Die Familie, die ebenfalls hier herumstreunt, packt schnell das Picknick ein und hat es noch eiliger.
Heraus aus dem Wald und unbehelligt auf die Straße zum Flughafen, der mit einem Sammelsurium von Luftfahrtrelikten der Jungzeit aufwartet. Und dann kommt auch dieser Bus: Flughafenrundfahrt X Euro. Doch vielversprechender scheint das Kraftwerk, der Protzbau der in der Ferne winkt. Dieses Areal beherbergt das Museum Peenemünde und ist Historisch-Technisches Informationszentrum, in dem man einiges zur Geschichte der 'kriegswichtigen' aber nicht kriegsentscheidenden Experimente hier erfahren kann. Aber wohin uns der verbotene Ausflug veschlagen hatte, können wir nur raten: Prüfstand VII für die Vergeltungswaffen, vollends zerstört nach dem letzten Krieg. Geschichte hautnah.
[vom unheimlichen Ausflug ins alte Kraftwerk ein andermal]

[]Peenemünde / Donnastach, 04. August 2005

Berlin, deine Prolls.

Es ist eine Sache, wenn es sich einbürgert, auf der Straße, dem Bahnhof, in der Bahn und im Park an einer Bierpulle zu nuckeln. Nagut, wenn man's nicht erwarten kann, wird die Molle zum Feierabend eben schon auf dem Nachhauseweg gezischt. Es gibt zu jeder Tageszeit Leute, die Feierabend haben, oder?!
Ich nehme es hin als Ausdruck der sich weiter durchsetzenden Freiheit des Einzelnen, Teil der Selbstverwirklichung quasi und Ausdruck eines Lebensgefühls. Wird einem ja auch von Mama Fernsehen gezeigt, dann macht man das eben jetzt so, und wer will denn schon als Trottel dastehen der die Werbung nicht versteht?
Störend und verdammt ärgerlich wird es aber, wenn die Scherben dieser Bierpullen dafür sorgen, daß ich mein Fahrrad schieben muß, wie erst gestern passiert. Ich war kaum 500 Meter geradelt, da begann es zu zischen (und ich dachte noch: wer soll dich denn hier noch kennen?!), bis ich bemerkte, daß mein Vorderreifen bei jeder Umdrehung etwas von seinem Inhalt preisgab. Zum Glück hatte ich Sekunden vorher erst an der Tankstelle volle 2,5bar draufgegeben, sodaß die Luft noch eine ganze Strecke hielt - aber nicht bis zum Fahrradladen... Also bitte sorgsam mit dem Leergut, es sind Pfandflaschen! Danke. Penner.

[]Berlin / Dienstach, 02. August 2005

Hartes Training.

Aller Anfang ist schwer! Ich bin wirklich ein gelehriger Schüler und verpasse keine Trainingsmöglichkeit, doch der Erfolg läßt auf sich warten... Nach der Premiere am Donnerstagmorgen die zweite Übung im einarmigen Reißen am Nachmittag. Die bekannten Symptome setzten - wie zu befürchten stand - viel zu früh ein und ich mußte die Fortsetzung der Übung verschieben. Am Abend dann scheiterte ich vorzeitig an der 1,3-Litermarke und führte die Lektion mit einer roten Ausweichflüssigkeit fort, was sich aus Gründen der Straßenverkehrssicherheit als problematisch herausstellte und abgebrochen werden mußte. Doch das Einstellen der Übungen war keine Option.
Am Freitag fand das Training zu Hause statt, wo ich jedoch schon nach 0,5 Litern Originalware in Morpheus' obere Extremitäten geriet (merke: nicht ablenken lassen).
Der Samstag war die erste wirkliche Herausforderung. Das Training ließ ich schon am frühen Nachmittag beginnen, was sich dank Sonneneinstrahlung und geänderter Rezeptur zu früh in grundlosen Heiterkeitsanfällen und anderen typischen Symptomen der monatelangen Enthaltung äußerte. Doch es war nicht der Tag zum Aufgeben. Nach Wechsel der Örtlichkeit und der Farbe der Trainingsflüssigkeit von weiß auf rot wurden allerdings deutliche Schwächen in der Taktik offenbar und der bis dahin erreichte Trainingserfolg erwies sich als merklich ausbaufähig.
Aufgrund anhaltender Symptome am Sonntag werde ich nun verstärkt über eine neue Strategie nachzudenken haben, doch das Endziel steht: Zurück auf den Stand April 2005.

[]Berlin / Montach, 01. August 2005

...und hier geht's weiter in die Vergangenheit.